Mittwoch, 31. Oktober 2012

Schalflos in Remscheid - Röntgenlauf 2012

Schlafen - was für eine banale Nichtbeschäftigung. Habe ich immer gedacht. Ich weiss von Leuten, die damit Probleme haben, aber ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht. Solange, bis es das für mich nicht mehr ist - banal.
Ich liege nachts wach, schaue Löcher in die Dunkelheit, aber der Schlaf will nicht kommen. Wenn der Zustand lang genug dauert ist schlafen nicht mehr banal, es ist essentiell.
An diesem Morgen ist das jedoch kein Problem. Röntgenlauf, das heisst früh aufstehen. Das siebte Mal, dass ich hier am Start bin. Das zweite Mal, dass ich mich am Ultra versuche. Vor vier Jahren musste ich hier mit Knieproblemen aufgeben.
Heute habe ich nur ein Ziel: Ankommen und dabei soviel Spaß wie möglich haben.  Die Zeit ist egal, aber ankommen ist für mich aus vielen Gründen wichtig.
Vollkommen unspektakulär diesmal der Start. Pünktlich, kein Auto das die Strecke versperrt. Ich laufe über die Startmatte und bin direkt drin im Erlebnis Röntgenlauf. Bis zum Marathon kann ich diese Strecke mit verbundenen Augen laufen. Der erste Teil geht durch die Stadt. Es ist laut und es ist voll. Nach 5km dann endlich Landschaft. Indian Summer ist zunächst abgesagt. Zu diesig das Wetter. Aber die Temperatur ist großartig für mich und es regnet nicht. Heute keine Rutschpartie.
Ich laufe gemütlich, schaue mir meine Mitläufer an, höre zu, was sie erzählen. Und genieße die Landschaft.
Der "Highway to hell" - der steilste Abschnitt auf dem ersten Drittel (auch wenn das hier nicht so aussieht). Oben gibt es dann Prosecco.


21,1km, die Halbmarathonis verlassen uns, es wird ruhiger. Landschaftlich für mich der schönste Teil aber auch der anspruchsvollste. Ich bin entspannt und überrascht, wie kurzweilig der Lauf bislang für mich ist. Ehe ich mich versehe bin ich bei km 30. Die Müngstener Brücke ist jedesmal wieder eindrucksvoll, egal wie oft ich darunter durch laufe.

So geht das weiter und schon bin ich im Marathonziel. Ich bin schon recht lange unterwegs aber irgendwie ist die Zeit verflogen. Kein Drama, keine Schmerzen, keine Erschöpfung. Unwirklich. Das Wetter gibt jetzt auch nochmal alles. Die Sonne scheint und ich binde meine Jacke am Gürtel fest.

Vom Marathonziel aus geht es ziemlich lange bergauf. Nach 48km geht es durch ein Industriegebiet, vor vier Jahren konnte ich hier keinen Schritt mehr gehen und wurde von hilfsbereiten Polizisten zurück zum Start gebracht.

Die 50km Marke und ich habe das Gefühl ich schaue mir von außen selbst beim Laufen zu. Wer sind sie und was haben Sie mit Joachim gemacht? Es geht weiter bergauf und bergab und als das 55 km Schild kommt sticht mich der Hafer. Ich mache einen Endspurt. Ich bin 55km gelaufen, es sind noch und 8km bis ins Ziel und ich rase los - ständig in der Erwartung, dass das ganz bestimmt nicht gutgehen kann.

Aber es passiert nichts, ich laufe und laufe und bin irgendwie ganz woanders und doch mitten drin. Ich bekomme nichts mit und sehe doch alles ganz deutlich. Unwirklich.

Und dann bin ich im Ziel, ich freue mich, noch nie bin ich so freudenstrahlend durch ein Ziel gelaufen. Aber eigentlich will ich weiterlaufen. Ich habe das Gefühl ich könnte noch ewig laufen.

Beim Röntgenlauf geht es rauf und runter, es gibt schmerzhafte Momente und wunderschöne aber wenn man immer einen Fuß vor den anderen setzt kommt man irgendwann an. Kommt mir bekannt vor ;)